Traceability

Traceability


Was bedeutet Traceability?


Traceability ist der englische Begriff für Rückverfolgbarkeit: Im produzierenden Gewerbe steht er für die genaue Dokumentation, wie, wann, wo und durch wen ein Produkt gefertigt wurde und welche Materialien mit welcher Herkunft dafür verwendet wurden. 


In der SMD-Branche steht Traceability für die Sammlung, Speicherung und Analyse aller Infos über die verwendeten Materialien und alle Parameter, die Einfluss auf die Produktion einer Leiterplatte haben: Traceability umfasst also den kompletten Fertigungsprozess inklusive Qualitätskontrollen, die verwendete Technik und die Lieferkette.

Warum braucht es Traceability?


Leiterplatten kommen in allen elektronischen Geräten zum Einsatz, darunter auch viele sicherheitsrelevante Systeme, wie zum Beispiel medizinische Geräte, Autos oder bei der Steuerung unserer Infrastruktur. Deswegen muss sichergestellt sein, dass die Leiterplatten einwandfrei produziert wurden und genau nachverfolgbar sein, welche Bauteile von welcher Charge in welchem Endgerät gelandet sind. Denn wird später festgestellt, dass ein Bauteil ausfällt, kann eine gezielte Rückrufaktion gestartet werden.

 

Ein Beispiel:

Ein Bauteil wird auf einer Platine verbaut, die später für die Steuerung eines Beatmungsgeräts zuständig ist. Nun fällt auf, dass das Bauteil defekt ist. Durch die getroffenen Traceability-Maßnahmen kann ganz genau zurückverfolgt werden, in welchen Beatmungsgeräten die fehlerhafte Bauteil-Charge verbaut wurde, um eine Rückrufaktion zu starten.

Aber es geht nicht nur um die verwendeten Bauteile: Beispielsweise könnte ein Bauteil auch ausfallen, weil die Lötstelle schlecht ist. Dann hilft das Traceability-Konzept den Produktionsprozess nachzuvollziehen: Wie viel Lot wurde aufgetragen? Gab es Fehler beim Löten? Wurde das Prozessfenster zu lasch definiert und könnten weitere Lötstellen ausfallen?

Die Rückverfolgung wird damit vor allem für Rückrufaktionen wichtig, sichert Elektronikfertiger aber auch juristisch ab, indem man über die Traceability-Kette beweisen kann, dass sauber gearbeitet wurde. 

Wie kann traceability realisiert werden?


Traceability muss abteilungsübergreifend im Unternehmen verankert werden: Von Einkauf und Lager über Produktion bis zur IT zieht sich das Thema durch viele Abteilungen. Deshalb wird zur Einführung der Traceability meist ein IT-gestütztes Traceability-Konzept erarbeitet.


Zentraler Punkt zur Realisierung der Traceability ist die Verknüpfung aller Daten. Dies wird über eine Unique ID, eine eindeutige Seriennummer, erreicht. Alle Informationen über die verwendeten Materialien und die Produktionsparameter werden mit dieser Seriennummer verknüpft.

Welche infos sollten dokumentiert werden?


Ein umfassendes Traceability-Konzept dokumentiert, welche Substrat-Charge verwendet wurde. Des Weiteren wird genauestens Buch geführt über die zur Produktion der Baugruppe verwendeten Lotmaterialien und Bauteile inkl. deren Metadaten (Chargennummer, Öffnungsdatum, Trockenzeiten…). Das bedeutet, dass auch im Lager traceabilitykonform gearbeitet werden muss, und jede Bauteilrolle ebenfalls mit einer Unique ID ausgestattet sein muss, damit diese Metadaten überhaupt verfügbar sind.

Welche produktionsdaten sind relevant?


Alle! Angefangen vom Rakeldruck bis hin zu den bestückten Bauteilen und den Temperaturen der verschiedenen Zonen im Lötofen. Der komplette SMD-Prozess muss dokumentiert sein. Besonders relevant sind bei Rückrufaktionen natürlich die Daten, die SPI, AOI und AXI produzieren. Denn die Inspektionssysteme ermöglichen es, Fehlerquellen im Produktionsprozess zu erschließen: 

  • Wurde genug oder zu wenig Lot aufgebracht?
  • Wurden die richtigen Bauteile bestückt?
  • Gibt es dabei auch keine Polungsfehler/Bauteil-Verdrehungen etc.?
  • Gibt es beim Bestückvorgang verlorene Bauteile auf der Leiterplatte, die Probleme verursachen könnten?
  • Ist das Lot im Ofen korrekt angeflossen?
  • Gibt es offene Lötstellen?

Welche it-technischen Voraussetzungen braucht es?


Sinn der Einführung eines Traceability-Konzeptes ist es, die Daten nicht nur zu erfassen und zu speichern, sondern sie auch zum Zweck der Qualitätssteigerung auszuwerten. Deshalb braucht es eine geeignete IT-Struktur. Denn für den Fall einer Rückrufaktion muss mit wenigen Klicks herausgefunden werden können, auf welchen Leiterplatten beispielsweise ein bestimmtes Bauteil verarbeitet wurde. Dafür gibt es spezielle Lösungsanbieter am Markt, z. B. Cogiscan oder iTAC.


Voraussetzung für die Sammlung der Traceability-Daten ist die Anbindung aller Produktionsmaschinen an ein übergeordnetes System (MES) sowie die Ausstattung aller Produktionsmaschinen mit einem Scanner bzw. einer Kommunikationsschnittstelle (Hermes/IPC), die die eindeutige Identifizierung einer Leiterplatte bei der Übergabe von einer Produktionsmaschine an die nächste ermöglicht: Ohne diese Voraussetzung können die Produktionsdaten nicht eindeutig der Seriennummer zugeordnet werden.



In diesem Zuge macht es daher häufig Sinn, gleich ein ganzheitliches Fertigungsmanagementsystem einzuführen. Damit können die Produktionsdaten zugleich zur Automatisierung der Fertigung genutzt werden, nämlich für die Steuerung, Optimierung und Vorhersage von Produktionsprozessen in Echtzeit.

Gibt es Standards und Normen für die Traceability?


Die IPC, der globale Verband für die Elektronikfertigung, hat den Standard IPC-1782 (Standard for Manufacturing and Supply Chain Traceability of Electronic Products) entwickelt, der verschiedene Level der Traceability (Klasse 1 bis 3) definiert. Das 28-seitige Dokument kann unter der ISBN-Nummer 978-1-61193-280-5 erworben werden und sollte als Grundlage für den Aufbau eines Traceability-Konzepts zu Rate gezogen werden. 

Braucht es Traceability, wenn nicht für sicherheitskritische Segmente produziert wird?


Traceability sollte nicht nur eine Auflage, sondern immer auch Selbstschutz sein: Traceability schützt vor Regressforderungen und erleichtert Produktrückrufaktionen. Außerdem führt Traceability automatisch zu Qualitäts- und Leistungsverbesserungen – Gründe genug, warum man nicht auf Traceability verzichten sollte. 

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