CEO Michael Brianda im Interview mit ESCATEC
Dr. Julia Traut
Zum Thema "The future of manufacturing" hat unser Kunde ESCATEC ein Interview mit SmartRep-CEO Michael Brianda geführt:
Spannende Fragen und inspirierende Gedanken rund um den SMD-Fertigungsstandort Europa prägten das Q&A für den Escatec-Blog, weshalb wir die Fragen und Antworten hier in der deutschen Übersetzung wiedergeben. Der Originaltext erschien am 2. Oktober 2025 auf dem Escatec-Blog: The future of manufacturing: A Q&A with SmartRep CEO Michael Brianda
F: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für Anbieter von Präzisionslösungen?
Als Distributor für Prozessmaschinen entlang der SMD-Linie sehen wir für Europa einen Wendepunkt im Downturn erreicht: Die in Deutschland führende Automobilindustrie ist in der Strategiefindung und sendet Hoffnungssignale; die Wirtschaft hat sich auf das Decoupling von China eingestellt, die Rüstungsindustrie boomt. Daraus gilt es nun Chancen zu entwickeln.
F: Welche Trends in den Bereichen Automatisierung und künstliche Intelligenz prägen derzeit die SMD-Fertigung?
Der Fachkräftemangel, steigende Qualitätsansprüche und der Druck, Produktionskapazitäten effizient zu nutzen, treiben die Automatisierung und den Einsatz von KI sowie computergestützten Prozessen zunehmend voran. Unser Ziel als SMD-Equipment-Lieferant ist es, Operatoren und Technologen gezielt von repetitiven Aufgaben zu entlasten – damit sie sich auf jene Herausforderungen konzentrieren können, die menschliches Know-how und Erfahrung erfordern und die die Künstliche Intelligenz heute noch nicht eigenständig bewältigen kann.
F: Wie sehen Sie die Rolle von Automatisierung und KI in zukünftigen Fertigungstechnologien?
Zusammen mit Escatec gehen wir spannenden Fragestellungen nach, wie künstliche Intelligenz den kompletten SMD-Fertigungsprozess analysieren und kausale Zusammenhänge herstellen kann. Da eine SMD-Linie täglich Millionen von Datenpunkten produziert, können aus diesen Daten hilfreiche Schlüsse gezogen werden, wie beispielsweise der First Pass Yield gesteigert werden kann.

F: Gibt es technologische Fortschritte, die die Nachfrage nach Präzisionsfertigungslösungen erheblich beeinflussen?
Die weltpolitische Lage, die Kriege und Krisen und die Notwendigkeit der Sicherheitsaufrüstung, sorgen dafür, dass wieder mehr in Europa produziert wird. Da diese militärischen Anwendungen hohen Sicherheitsstandards unterliegen und in robusten Umgebungen zum Einsatz kommen, steigt in SMD-Fertigungen die Nachfrage nach Underfill-, Inspektions- und Röntgen-Systemen.
F: Welche Technologien werden Ihrer Meinung nach in den nächsten fünf Jahren den größten Wandel in der Fertigung vorantreiben?
Zum einen ist das zweifellos die Künstliche Intelligenz, über die wir bereits gesprochen haben. Zum anderen spielt die fortschreitende Miniaturisierung von Leiterplatten eine zentrale Rolle. Sie erfordert eine immer höhere Präzision in den Fertigungsprozessen.
Je kleiner die Bauteile werden, desto entscheidender wird die technische Sauberkeit – denn selbst ein einzelnes menschliches Haar kann auf einer Leiterplatte gravierende Schäden verursachen. Aus diesem Grund haben wir bei SmartRep unser Portfolio im Bereich Reinigung gezielt ausgebaut – sowohl im Hinblick auf Prozessequipment als auch auf Inline-Reinigungssysteme.

F: Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft der Fertigung aus? Werden KI und Automatisierung dominieren?
Die Sorge vor sogenannten Geisterschichten besteht tatsächlich schon seit dem Aufkommen des SmartFactory-Konzepts – doch bislang ist mir kein einziges reales Beispiel dafür aus dem DACH-Raum bekannt.
Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz: In den kommenden fünf bis zehn Jahren wird die SMD-Fertigung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vollständig autonom durch KI gesteuert werden. Der Hauptgrund liegt in den besonderen Anforderungen des europäischen Marktes – insbesondere im High-Mix-Low-Volume-Bereich.
Häufige Rüstwechsel und vergleichsweise kleine Losgrößen machen es wirtschaftlich und technisch wenig sinnvoll, KI-Systeme auf diese Vielfalt zu trainieren. Die Voraussetzungen für eine vollständig autonome Fertigung sind hier schlicht andere als etwa in Regionen mit großvolumiger Serienproduktion.
F: Welches Potenzial sehen Sie für nachhaltige Technologien in Ihrer Branche?
Energieeffizienz ist ohne Frage ein zentrales Thema in der modernen Elektronikfertigung.
Auch hier leisten technologische Innovationen einen entscheidenden Beitrag. So ermöglichen etwa unsere fortschrittlichen thermischen Profiler eine intelligente Steuerung des Reflow-Ofens – dem größten Energieverbraucher in der SMD-Linie. Mithilfe von KI lässt sich der Energieeinsatz gezielt optimieren, ohne Kompromisse bei der Prozessqualität einzugehen.
Darüber hinaus tragen geschlossene Kreislaufsysteme in Reinigungsanlagen dazu bei, den Einsatz von Chemikalien deutlich zu reduzieren und die Umweltbelastung nachhaltig zu senken. So könnte ich viele weitere Beispiele anführen.
Es sind viele kleinere, technisch durchdachte Maßnahmen, die in der Summe eine große Wirkung entfalten – sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich.
F: Haben Sie ein Beispiel oder eine Geschichte, wie KI oder Automatisierung zu bahnbrechenden Ergebnissen in der Fertigung geführt haben?
Weil zunehmend erfahrene Fachkräfte fehlen, die bei einem neuen Produkt einen SMD-Drucker schnell und gut einrichten können, haben wir ein KI-Produkt im Portfolio, das hier SMD-Neulingen unter die Arme greift: genannt KPO, Koh Young Process Optimizer. Zusätzlich sorgt es für eine Echtzeitjustierung des Prozesses – Fehler durch Verschmutzung, sich verändernde Umgebungsbedingungen oder Viskositätsänderungen des Lots im Laufe des Prozesses wird vorgebeugt, weil eine Liveüberwachung diese Trends erkennt und Gegensteuerungsmaßnahmen einleitet – das ist bahnbrechend!
F: Was begeistert Sie persönlich an den neuesten technologischen Entwicklungen?
Mich begeistert besonders, dass moderne Systeme zunehmend intelligenter und benutzerfreundlicher werden. Dadurch wird die Arbeit für Operatoren spürbar erleichtert – komplexe Abläufe lassen sich heute mit deutlich weniger Aufwand überwachen und steuern.
Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist das für mich ein ermutigendes Signal: Wenn Technologie dazu beiträgt, Personal zu entlasten und zugleich die Prozesssicherheit zu erhöhen, ist das ein echter Fortschritt – sowohl für die Produktion als auch für die Menschen, die darin arbeiten.
F: Auf welche drei Trends sollte sich die Branche in den kommenden Jahren konzentrieren?
Europa ist – auch im Bereich der SMD-Fertigung – leider nicht mehr der weltweite Taktgeber. Doch unsere Stärke liegt in der Prozessexpertise, und genau hier eröffnet die systematische Datenauswertung enormes Potenzial, um Fertigungsprozesse weiter zu optimieren und Know-how gezielt zu vertiefen.
Ein zweiter, langfristiger Trend ist ganz klar die Automatisierung. Sie bleibt eine zentrale Stellschraube, um Effizienz, Qualität und Skalierbarkeit in der Produktion nachhaltig zu sichern.
Ein drittes Feld mit großem Entwicklungspotenzial sehe ich im Bereich New Product Introduction (NPI). Hier müssen wir noch schneller und flexibler werden – neue Produkte zügig, mit hoher Qualität und möglichst geringem Ausschuss von Beginn an in die Fertigung zu bringen. Das kann – gerade in Europa – ein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal sein.





